FST Erzgebirge Januar 2019

Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute so nah ist! Nachdem wir letztes Jahr bis in den Westen (s. Bericht von Kathrin zur Tour im Schwarzwald Schonach-Belchen) für unsere jährliche Skitour gezogen sind, haben wir uns dieses Mal gedacht, dass wir den Erzgebirgskamm als Skizünftlerinnen auch einmal „gemacht haben“ müssen. Die letzten beiden Jahre haben wir ja mit Wochenendtouren schon einen Teil abgedeckt, jetzt war der Westen dran.

Mittwoch, 23.01.2019

Die erste Hürde war das frühe Aufstehen. Der Zug fuhr zeitig ab, aber alle haben es geschafft, rechtzeitig am Bahnhof zu sein. Frühstück gab’s im Zug, der uns nach Plauen führte, wo wir in das Bimmelbähnchen Richtung Klingenthal stiegen. Kurz vor Schöneck zeigten uns Mitskifahrer, wo wir am Besten austeigen sollten und direkt hinter dem Bahnhof (naja, Haltepunkt) Schöneck Ferienpark begann dann auch schon die Kammloipe. Alles bei klirrender Kälte und bestem Sonnenschein! Unsere Rucksäcke wurden von den anderen Läufern noch gebührend gewürdigt, dann ging’s los. Wir merkten allerdings bald, dass der Fachkräftemangel im Tourismus in Deutschland zu einem gewissen Mangel an Cafés geführt hat. Die erste Rast haben wir im Stehen absolviert, zur Erwärmung von einem Bein auf das andere steigend. Auf einem Parkplatz an der Hauptwasserscheide gab es eine Bude mit einem winzigen beheizten Raum, Kaffee und Würstchen. Weiter ging es zu einem Aussichtspunkt. Kurz zuvor begegnete uns der Autor der Webseite www.kammloipe.de – nicht zu verwechseln mit der offiziellen von www.kammloipe.com – und hat aufgrund unserer Rucksäcke sofort auf Weitwanderinnen geschlossen. Er wünschte uns viel Glück und bat um eine positive Bewertung! Die Beschilderung konnte sich auch wirklich sehen lassen und der Aussichtspunkt bot wirklich alles, was das Wandererherz begehrt: Eine wunderschöne Sicht über das tief verschneite Erzgebirge.

Die Schneebedingungen hätten besser nicht sein können. Der Schnee lag meterhoch, war pulvrig und kalt. Kurz vor dem Tagesziel in Mühlhausen bei Klingenthal haben wir noch einen Abstecher zum Kiel eingelegt. Cathrin musste unbedingt dorthin, weil auf dem Berg auch noch eine Vermessungssäule eingezeichnet war. Wir haben sie auch tatsächlich gefunden, sie war noch nicht vollkommen eingeschneit, und gleich eine erste kleine Tiefschneeabfahrt geprobt. Bei den Autobahnen ansonsten kamen wir ja viel schneller vorwärts, als sonst üblich.

Die Pension war ordentlich, der Gastraum dekoriert mit allen Insignien sächsischer Skifahrtradition. Allerdings scheinen die Inhaber sich schwer zu tun mit der Anziehung weiterer Gäste. Das Preis-Leistungsverhältnis hielt sich ein bisschen in Grenzen. Beim Frühstück waren die Wirtsleute sichtlich überrascht, wie viel 8 Frauen so essen können.

Donnerstag, 24.01.2019

Leider war auch die Sonne verschwunden, aber es war wärmer und regnete nicht! Die Kammloipe war nach wie vor bestens ausgeschildert. In der Umgebung der Jugendherberge Klingenthal häuften sich die Schulklassen, die von mehr oder weniger genervten Lehrern das Langlaufen beigebracht bekamen. So ein Bürojob hat auch was für sich, einem Haufen Pubertiere zum Langlaufen zu bewegen, ist nicht einfach…

Da wir zügig vorwärts kamen, beschlossen wir einen Tourenschlenker einzubauen. Wir bogen nach Tschechien Richtung Prebuz ab und landeten auf einer wunderschönen Route über ein Hochmoor. Allerdings hielt sich auch die Dichte der Restaurants in diesem Naturschutzgebiet in engen Grenzen. Wir mussten im Freien vespern, aber die Landschaft war es wert. Am Rastplatz konnten wir sogar eine kleine Tiefschneeabfahrt üben, mit Langlaufskiern! Wieder zurück in Deutschland hielten wir an der Talsperre Carlsfeld-Weiterswiese an und fanden dort wenigstens ein Kaffee mit ein paar Plätzen. Wir hatten Glück, denn nach 16.00 Uhr hätten wir nichts mehr bekommen. Die Bedienung war zwar entrüstet, weil wir zwischendurch die Plätze gewechselt haben, hat dann aber doch beschlossen, uns nicht ganz zu ignorieren…Anschließend sind wir noch einen kleinen Schlenker um die Talsperre herumgefahren nach Weitersglashütte zur Pension Talblick. Ich war schon vorgewarnt, dass man seinen Schlüssel mittels eines Codes selbst holen musste. Es klappte auch alles bestens und die Pension erwies sich als wahres Kleinod. Im Eingang bullerte bereits ein Ofen, die Zimmer waren frisch renoviert und mit einem großen Bad ausgestattet. Abends gab es Essen, das wir bestellt hatten. Die Wirtin versuchte, auf ihre Weise mit dem Personalmangel fertig zu werden und hat dabei voll auf Selbstbedienung gesetzt. Es klappte gut. Das Essen war vorbestellt und für alle einheitlich. Die Getränke hat sich abends jeder selbst am Kühlschrank genommen, so dass wir ungestört noch lange sitzen konnten. Und das Frühstück war eine Wucht!

Freitag, 25.01.2019

Wir haben den gastlichen Ort Weitersglashütte zu Fuß verlassen und uns erst einmal wieder auf die Skiautobahn begeben. Beim Grenzübergang Jeleni sind wir wieder nach Tschechien abgebogen, diesmal zum Ort Jeleni. Dort lachte uns eine kleine Baude mit großen Eiszapfen an und ein Blick auf die Karte bestärkte uns in dem Wunsch nach Eintritt. Wir waren zwar alle noch satt vom Frühstück, es war auch erst kurz nach elf, aber die nächste Einkehrmöglichkeit schien erst bei dem Übernachtungsort zu kommen. Also hinein. Die Bedienung ließ uns kaum eine Pause zum Schnaufen, so schnell war sie. Das reinste Speed-Eating. Als wir am Essen waren, standen schon die ersten Mittagsgäste hinter den Stühlen und warteten, dass diese frei würden. Der Kellner hat Kleingeld aus Zeitmangel nicht gezählt, sondern die Münzen nur in einen großen Korb geworfen, damit es schneller ging. Aber das Essen war in Ordnung und wir waren bestimmt an dem Tag die einzige größere Gruppe, die anstandslos für alle einen Sitzplatz bekommen hat.

Weiter ging es bei wolkigem, aber trockenem Wetter auf der Bucinska cesta Richtung Horni Blatna. Kurz davor verspürte die Meute wieder Lust auf Abenteuer. Wir bogen von der Autobahn ab Richtung Perninsky Vrch, zuerst mitten in den Wald mit einigen Herausforderungen für die geneigten Waldläuferinnen. Ich wollte fast schon umkehren, wurde aber überredet, weiter zu laufen. Nach einer ersten, eher knackigen Steigung wurde der Weg flacher und traumhaft. Zwar mussten wir immer wieder ein paar Bäume überwinden, dafür entschädigte der Weg mit Winterstille, Einsamkeit und immer noch bestem Pulverschnee. Ein Wintertraum!

Nach Pernink runter wurde der Weg wieder breiter, blieb aber pulvrig, so dass wir richtig schön abfahren konnten. Kurz hinter dem Bahnhof konnten wir noch eine plattgewalzte Piste benutzen und mussten dann unser Quartier suchen.

Das war ein Abenteuer für sich. Ich hatte zwar mit der Vermieterin im Vorfeld korrespondiert und sie hat mir auch einige Tipps gegeben, aber vor Ort war nur eine Vertreterin. Die Betten wirkten eher schmächtig, ebenso die Küchen in den beiden Wohnungen. Inzwischen kamen die Armen des Restvereins, die heute noch arbeiten mussten und nur das Wochenende zum Skifahren hatten. Auch dabei: Bubi, Charly und Robert! Wir haben aber alle eine Schlafgelegenheit gefunden. Abends saßen wir in einem Restaurant zusammen. Als der Kellner hörte, wo wir untergekommen waren, konnte er sich ein Lachen nicht verkneifen. Allerdings bestätigte er auf unsere Frage, dass es bei ihm in der Pension auch keinen Platz gegeben hätte.

Wir haben im örtlichen Laden noch für den nächsten Morgen frische Brötchen bestellt und uns dann vor die Glotze begeben, es lief Handball WM. Der Aufreger des Abends war noch ein Telefonat mit der nächsten Vermieterin in Bozi Dar. Eine Ahnung bewog mich, dort noch einmal anzurufen. Sie sagte, sie hätte nur eine Reservierung für Barba, eine Karin oder Schreitter gebe es nicht, Booking.com nein und wenn wir mit 18 Personen kämen, das ginge gar nicht. Mir blieb fast das Herz stehen. Es stellte sich aber heraus, dass sie Bärbels Namen als Reservierung benutzt hat und ihre Hütte wegen uns voll war! Uff!

Samstag, 26.01.2019

Die Skizunftleute haben es tatsächlich geschafft, alle in einer Küche zum Frühstück unter zu bringen. Es gab Kaffee satt, massenhaft Brötchen (wir haben aus Versehen etwas viel bestellt), Aufstrich, Obst, alles was das Herz begehrt. Sogar Geschirr wurde noch abgewaschen.

Auf den Straßen lagen 10 cm Neuschnee. Entsprechend eingepackt haben wir uns alle zur Loipe begeben, als richtig große Gruppe. Wir sind zur Erzgebirgsskimagistrale gelaufen und haben uns von der an diesem Tag kaum mehr wegbewegt. Nur mittags bot eine kleine Hütte mit Stehimbiss eine kurze Rast. Es schneite durchgehend, meine Ski stollten, so dass ich kaum vorwärts kam. Charly, der Jüngste der Truppe, hielt sich trotz der eher widrigen Bedingungen ganz ausgezeichnet. Die Gruppe zog sich in der Folge ein bisschen auseinander, ein paar legten noch einen Umweg ein, der Rest lief angesichts des Wetters mehr oder weniger direkt nach Bozi Dar. Wobei in meinem Fall von Laufen nur bedingt die Rede sein konnte, eher schleichen.

Nach und nach trudelten alle in der Pension Erika ein. Theoretisch hätte für die sportlichen Läufer noch die Möglichkeit einiger Extrarunden bestanden. Aber so richtig wollte das niemand machen. Ein paar von uns haben noch zu Fuß die touristischen Sehenswürdigkeiten des Ortes gewürdigt. Der Rest hat sich vom Kaffee zur Kofola zur Dusche zum Abendessen gerettet. Die mit den Stollen haben heimlich auf den Zimmern die Skier nachgewachst und sich hoch und heilig geschworen, bei Dietmar das richtige Wachsen zu lernen. Sogar einen Billardtisch gab es, den Charly und Karen ausgiebig nutzten.

Sonntag, 27.01.2019

So richtig besser wurde das Wetter nicht. Aber wir sind alle pünktlich weg gekommen und haben hinter Bozi Dar die Skier angeschnallt. Wir sind erst Richtung Tellerhäuser gefahren und dann auf die Jens-Weisflog-Loipe abgebogen. Vor Tellerhäuser haben sich Robert, Charly und Gela verabschiedet, sie wollten direkt nach Oberwiesenthal und zügig nach Hause kommen. Der Rest hat die Jens-Weisflog-Loipe ausführlich getestet (ob Jens Weisflog höchstselbst jemals die LL-Skier anhatte?) und ist dann noch zur Sachsenbaude abgebogen. Kurz vor der Baude haben wir gesehen, dass eigentlich alle Waldwege weben Windbruchgefahr gesperrt waren. Tja, wo wir gelaufen sind, hat sich niemand drum gekümmert, wir also auch nicht.

In der Sachsenbaude gab es für die restlichen 15 noch ein richtig gutes Mittagessen, dann ging es im Schneetreiben nach Oberwiesenthal zum Bahnhof. Dort konnten wir auch recht bald in den Bus nach Chemnitz und von dort weiter in den Zug nach Dresden steigen. Unterwegs, im Bus, leuchtete die Sonne hervor und das Erzgebirge gab den Blick auf seine Rücken frei – darauf hatten wir drei Tage gewartet. Fazit: Eine besonders harmonische Tour ging zu Ende. Nahezu 60 Jahre Altersunterschied haben wir locker verkraftet und den schneereichen Januar im Erzgebirge vollauf genossen. Herzlichsten Dank an alle!

@Karin Schreitter