FST Riesengebirgstour 2017

FST Riesengebirge, März 2017

Auch dieses Jahr haben sich die tapferen Damen der Skizunft ohne männliche Begleitung auf eine Tour gewagt, die sonst in Deutschland nur die größten Outdoorspezialisten in Angriff nehmen: Von Baude zu Baude im Riesengebirge! Drastisch verjüngt (wir hatten eine Teilnehmerin unter 40) und mit frischem Mut haben wir uns am Frauentag in Korenov (sprich: Koschenov) getroffen. Ich hatte da schon vier Tage Riesengebirge von Ost nach West hinter mir, jetzt war die Gegenrichtung geplant.

Mittwoch, 08. März

Das Fähnlein der 8 Aufrechten war leider dezimiert. Kathrin war vorher so krank geworden, dass selbst sie nicht mehr an Skifahren zu denken wagte. Als Ersatz hatte sich Gela kurz entschlossen bereit erklärt, ihre sonstigen Planungen über den Haufen zu werfen und am zweiten Tag zu uns stoßen. Jetzt waren wir erst einmal nur sieben. Und Schnee gabs in Korenov auch keinen. Nachdem der Januar überall segensreich mit weißer Pracht gewirkt hat – selbst am Ullersdorfer Golfplatz sind wir alle gefahren – hatte sich das Weiß in die Höhe verkrümmelt. In Korenov hieß daher erst einmal: Wer seine Skier liebt, der sie trägt. Immerhin regnete es nicht, es hätte also schlimmer kommen können.

Wir gingen zunächst an der Bahnlinie entlang, stiegen ein bisschen nach oben, und der Schnee wurde dichter. Einige Unerschrockene schnallten die Skier schon unter die Füße, bereuten es aber bald und nahmen sie wieder ab. Nach 2 km aber stießen wir auf einen Skiweg. Erst fuhren wir Richtung Isergebirge, dann über die Karlsbrücke (die heißt hier auch so, nicht nur die in Prag) auf die polnische Seite, über die Iser und weiter zum Schronisko Orle. Die Hütte war komplett voll und wir haben uns schon auf ein Picknick im Freien eingestellt, da entdeckten wir einige Touris, die einen großen Tisch freimachten. Nichts wie hin! Wir haben Suppe und Kuchen bestellt, sämtliche großen Teetassen des Ladens aufgebraucht und hoffentlich die Frau hinter der Theke mit ein paar Brocken Polnisch und unseren Euronen versöhnt. Jedenfalls war es warm, trocken und heimelig. Ich wurde auch mehrfach daran erinnert, dass der Schnitt von mindestens einem Kaffee alle zwei Stunden bisher bei weitem nicht eingehalten war und frau hier in den nächsten Tagen Besserung erwarte…

Weiter ging es auf den Loipen und Skiautobahnen des Trainingsgeländes von Jakuszyce zum Biathlonzentrum und zum dortigen Biathlonhotel. Die Frau an der Rezeption sprach englisch, die zwei Viererzimmer waren tiptop und alle bis auf Yvonne und ich stürmten erst einmal in die Sauna, sie war im Preis inbegriffen. Abends haben wir ein leckeres Essen bekommen, für Wein hat mein Polnisch auch noch gereicht und unserer Skier durften die Nacht in einem ordentlichen, abschließbaren Schrank verbringen. Neben dem Skiraum war ein alter Bob ausgestellt, überall prangten Zeugnisse des heroischen polnischen Wintersports und ein Fitnessraum stand allen, die noch nicht genug hatten (also von uns niemand, wir hatten genug und Kathrin war ja krank) zur Verfügung.

Donnerstag, 09. März

Yvonne hat sich eingehustet, nach dem Aufstehen ging es ihr aber ein bisschen besser. Das Frühstück hatte Trainingslagerniveau, war richtig gut und viel. Leider konnte das Wetter nicht ganz mit dem Frühstück mithalten. Nebel, Nieselregen und Nässe prägten das Bild. Wir haben erst einmal Gela am Bahnhof in Empfang genommen. Die Arme war ganz, ganz früh aufgestanden und hatte dann den Zug bis Jakszyce nehmen können. Dann mussten wir erst einmal die Straße zum Wanderweg auf tschechischer Seite entlang hatschen. Man hätte auch quer durch den Wald laufen können, aber angesichts des Wetters war das dann doch allen etwas zuviel der Wildnis. Dann ging es erst einmal stetig und immer weiter bergauf.

Wir haben noch ein deutsches Päärchen getroffen, bei dem die Frau geschimpft hat, welche Anstiege sie hinter ihrem Mann herhecheln müsse. Selbst schuld, wenn frau mit Mann unterwegs ist! Wir haben unser eigenes Tempo eingeschlagen, mussten allerdings feststellen, dass der Schnee dieses auch noch gebremst hat. Der Schnee war stumpf und wenn es mal ein bisschen bergab ging, mussten wir auch noch schieben. Die grundsätzlich tolle Sicht war im Nebel verschwunden und Kaffee gab es auch weit und breit keinen. Stattdessen gewährte uns eine tschechische Schutzhütte Obdach für ein kleines, kaltes Mittagessen. In der Hütte hätte man sogar mit einem Schlafsack übernachten können, unter dem Dach war eine entsprechende Zwischendecke eingezogen. Das wollten wir an diesem Tag aber dann doch nicht in Anspruch nehmen. Wir sind weiter gezogen bis zur Vossecker Baude, in der ich den lange versprochenen Kaffee einlösen musste. Und, der lange Anmarschweg hat sich gelohnt, auf dem Schlussanstieg zur Vossecker Baude sahen wir plötzlich unsere eigenen Schatten und ein Hauch von Sonne war zu spüren. In der Hütte gab es Liwanzen mit Sahne, Tee und Kofola und dann mussten wir zügig aufbrechen, denn wir hatten noch eine Stunde vor uns.

Was dann folgte war der Lohn für einige Jahre Nebelskifahren im Riesengebirge: Die Wolken rissen auf, die Abendsonne beleuchtete die runden Gipfel in unterschiedlichen Stimmungen, kaum ein Mensch war unterwegs und alle waren begeistert. Weniger vom Schnee, aber von der Aussicht. Die Schneekoppe im Blick, ein Finger ständig am Fotoapparat sind wir zur Elbebaude gelaufen. Die Skispur war zerfahren und bockelhart. Das, was tagsüber aufgefirnt war, war abends wieder hart gefroren. Dafür haben wir die Elbebaude von weitem gesehen und konnten das letzte Stück auf Sicht einfach hinfahren und noch ein paar schöne Pflugbogen setzen. Die ganz aufrechten Heldinnen sind sogar noch zur Elbequelle gefahren, haben aber nicht einmal den Steinring unter dem Schnee ausmachen können.

In der Elbebaude, einem veritablen Hotel, waren wir gefühlt die einzigen Gäste. Die Zimmer waren eher kühl, weil die Fenster nicht mehr so ganz dicht schlossen – die moderne Bauweise forderte ihren Tribut. Das Essen war ok und wir konnten bald in der Kiste ruhen, gut durchgelüftet.

Nachts schlug das Wetter um. Von der tollen Abendstimmung war nichts mehr übrig; der Sturm toste um die Baude. Ich habe mir schon alle möglichen Alternativvarianten zurechtgelegt: runter, nach Hause, oder zwei Tage hier oben bleiben und dem Sturm zuhören usw. Jedenfalls bot die Baude genug Platz für einige unvorhergesehene Übernachtungen.

Freitag, 10. März

Der Morgen bestätigte die Erwartungen: Wind, dichter Nebel, keine Sicht, alles nur weiß. Das Frühstück hat trotzdem geschmeckt und als wir dem Kellner verkündet haben, wir wollten zur Martinova Baude, hat er uns jedenfalls nicht zurückgehalten, sondern nur genickt und uns ca. eine dreiviertel Stunde Marsch prophezeit.

Draußen peitschte uns der Wind die Eiskristalle ins Gesicht. Wir sind erst ein Stück zu Fuß gegangen, dann haben sich die mutigen Frauen die Skier angeschnallt, um über die schmale Brücke über den Elbebach zu fahren anstatt zu laufen. Auf der anderen Seit ging es nach oben und siehe da, im Windschatten des Berges war es schon deutlich angenehmer zu laufen. Außerdem wurde der Schnee besser: Statt des gestrigen Eisgehoppels gab es besten Pulverschnee! Alles geht halt im Riesengebirge nicht, entweder frau hat gutes Wetter oder gute Sicht.

Das Wetter wurde allerdings bis zur Martinova Baude nicht wesentlich besser, weshalb wir dort Plan B in Angriff genommen haben: Statt über den Spindlerpass und die Wiesenbaude fuhren wir 4 km bergab nach Spindlermühle und dort mit dem Lift auf den Planina nach oben. Abfahren – die große Herausforderung für die LL-Frauen. Oben ging es ziemlich gut, aber unten wurde der Schnee schwerer und der Schneefall schlug irgendwann in Regen um. Dafür genossen wir kurz vor Spindlermühle noch eine kleine Tourenvariante über einen Bach und quer durch den Wald – musste auch mal sein.

In Spindlermühle konnte nur autoritäres Gehabe die Mannschaft in ein Restaurant treiben und dann verabschiedete sich leider Yvonne. Sie hatte gestern gelitten, aber sich tapfer gehalten, jedoch war sie richtig krank. Mit dem Bus kam sie über Prag aber halbwegs gut nach Dresden und hat sich dort hoffentlich vom Mann verwöhnen lassen (wozu sind Männer sonst da?).

Der Rest hat die Regenklamotten nach der Pizzeria wieder angezogen und ist zum Lift gestapft. Die Preise haben seit zwei Jahren deutlich angezogen: Eine Bergfahrt kostete 10 EUR. Dafür sparten wir gut zwei Stunden Anstieg und auf halber Strecke ging der Regen wieder in Schnee über. Oben haben wir dann eine deutlich besserer Strecke als letztes Mal gefunden und sind auf der Skimagistrale zur Klinova Baude und von dort weiter zur Rosenhütte gegangen. Das Glück blieb uns treu, dort oben lichtete sich der Nebel und die Sonne kämpfte tapfer um ihr Durchkommen. Wunderbare Schneelichtspiele waren der Lohn. Es gab einen weiteren Kaffee und die Möglichkeit, für die Daheimgebliebenen ein paar Andenken zu erwerben und weiter gings das letzte Stückchen zur Eulenbaude (Vyrovka Bauda). Dort begegneten wir den wahren Expeditionisten mit einer Ausrüstung, als wären sie Richtung Südpol unterwegs. Arved Fuchs und Reinhold Messmer waren nur unwesentlich besser ausgestattet.

Die Eulenbaude beeindruckte mit funktionellen Zimmern und einem sehr ordentlichen Frühstück. Morgens wurden offensichtlich Einsteigerprogramme für Tourengänger angeboten, die mit Fellen und Tourenbindungen die durchaus mäßig steilen Berge erklimmen wollten. Dass man alle Hügel um die Vyrovka Baude auch locker mit unseren Backcountryskiern hätte besteigen können…

Samstag, 11. März

Die Sonne schien, man sah die Schneekoppe!! Und es herrschte Pulverschnee! Ein Traum. Wir sind pünktlich los, um dieses Glück so lange wie möglich zu genießen. Es bahnte sich nämlich schon die nächste Wolkenfront an.

Erst ging es bergab zurück zur Rosenhütte, dann über den Fuchsberg runter auf der Skimagistrale zur Prazka Baude. Wochenende und schönes Wetter – uns kamen Karawanen an Wanderern, LLäufern, Junggesellenabschiedlern etc. entgegen. Von einsamen Skitourismus auf unberührten Schneeflächen keine Spur. Ein Jungendrennen haben wir auch noch überquert und mussten in Prazka Baude erst einmal eine Vormittagskofola einlegen. Die Sonnenpracht war nämlich schon ein bisschen vorüber. Dort war auch erst einmal der größte Rummel überstanden. Beim letzten Mal in dieser Baude hatten wir auch überhaupt nichts gesehen, nun konnten wir wenigsten den Blick auf die Schneekoppe und eine kleine Kapelle fotografieren. Vor einem Jahr waren wir froh, wenn wir die Spur direkt vor uns gesehen haben.

Wir nahmen erst eine Abkürzung, mussten aber feststellen, dass die Skimagistrale nicht umsonst über einen Umweg führte. Erstens ging es ziemlich steil bergauf, zweitens wurden wir von den Alpinabfahrern umtost, die die Skischaukel von Janske Lazne nach Pec pod Snezku erkunden wollten. Aber der Schnee war klasse. Auch in diesem Bereich des Riesengebirges sind die Gipfel über 1200 m hoch und bieten daher Gewähr für gute Schneeverhältnisse. Das haben wir uns zu Herzen genommen und nunmehr den Weg der Skimagistrale nach Horni Marsov genommen. Und wir wurden belohnt, es ging mehrere Kilometer sanft bergab. Vor Horni Marsov mussten wir allerdings dem Klimawandel Tribut zollen und die letzten zwei Kilometer die Skier mal wieder spazieren tragen.

Unten war es am späten Mittag und die Kalorienspeicher wollten aufgefüllt werden. Wir fanden ein nettes Lokal mit großen Portionen, die relativ schnell in unseren Mägen verschwanden. Es standen wieder ein paar Höhenmeter bergauf und zu Fuß zur Rehornbaude (Rychorska Bauda) an, die wir langsam, gemütlich und Schritt für Schritt bewältigt haben. Die letzten Meter schloss sich die Schneedecke wieder, ich habe die Skier angeschnallt, der Rest hat weiter getragen. Oben schlug der Riesengebirgsnebel wieder zu. Pikant: Auf einem Schild wurde die hervorragende Aussicht vom Rehornberg gerühmt…

Die Chefin war zum Glück anwesend und wurde von anderen Touristen auch gleich herbeigerufen. Sie sprach zwar kaum deutsch, war dafür sehr nett und gab uns zwei Zimmer, Schlüssel und eine Menüauswahl zwischen süßen und herzhaften Knödeln. Die Baude verfügte über eine uralte Teigmaschine, Simmi war ganz begeistert. Und ein riesiger Bär ruhte sich in einer Hängematte aus. Was ein bisschen fehlte, war ein Kachelofen.

Abends haben wir die tschechischen Internetseiten nach den besten Verbindungen nach Dresden durchforstet. Ergebnis: Wir müssen früh aufstehen und möglichst zügig nach Svoboda nad Upou.

Sonntag, 12. März

Wir haben die nette Wirtin zu einem frühen Frühstück überredet und waren auch alle pünktlich. Es gab selbstgemachte Marmelade und Griebenschmalz aus eigener Herstellung – sehr lecker! Oben – die Baude liegt auch auf 1000 m – haben wir in guter Hoffnung die Skier ein letztes Mal angschnallt und sind gen Svoboda gefahren.

Es ging erstaunlich lange gut, da der Bergrücken sich lange zieht und nur langsam abfällt. Irgendwann war es aber mit dem Schnee vorbei vorbei. Die Skier wurden auf den Rucksack gepackt und durch den grünbraunen Wald getragen.

Unten landeten wir fast direkt am Bahnhof und haben auch recht bald einen Zug nach Trutnov erwischt, von dort ging es weiter nach Liberec und zurück nach Dresden. In Liberec haben wir noch einen hervorragenden und billigen Kaffee in dem kleinen Bahnhofskaffee getrunken und dann war auch leider dieser Urlaub schon wieder vorbei.

Fazit: Die Tour war mal wieder super! Dank an alle Mitstreiterinnen

Karin

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